MPG in der Zahntechnik
Ein Beitrag von Tony Domin (Autor des Buches "Marketing im Dental Labor")
DPL Network Hamburg
MPG Grundlagen
In unserem ersten Teil berichteten wir über die grundlegenden Anforderungen die das MPG Gesetz an jedes Dental Labor stellt. Wir definierten in diesem Zusammenhang auch alle relevanten gesetzlichen Paragraphen, die dieses Gesetz einbinden und jedem Labor unmißverständlich eine erklärende und dokumentierende Struktur abverlangen.
Für jeden Laborinhaber stellt sich in erster Linie die Frage, wie dieses scheinbar komplexe und auch komplizierte Gesetz in den Betriebsablauf implementieren läßt, welcher Zeitaufwand zu kalkulieren ist und wie es nach erfolgter Kompensierung lebbar und abzusichern ist. Um dieses Ziel erreichen zu können, muß das Gesetz im Vorweg entwirrt und selbstverständlich auch von den Verantwortlichen auch verstanden werden. Ein wesentlicher Faktor für eine erfolgreiche Umsetzung des MPG Gesetzes ist das Bewußtsein zur Selbstverantwortung des Betriebes.
Niemand anderes ist für das MPG verantwortlich, als das einzelne Labor. Weder Innungen noch der VDZI können für etwaige Fehler bzw. Korrekturmaßnahmen verantwortlich gemacht werden. Diese Institutionen können lediglich dem Labor unterstützend zur Seite stehen und nicht Exekutive Maßnahmen ergreifen bzw. für dessen Nichterfüllung im Einzellabor zur Verantwortung gezogen werden. Der Hauptgrund für die mangelnde Umsetzung in vielen Betrieben ist nach wie vor in einer gewissen Unkenntnis und vorrangig mit nicht relevant zu erwartenden Betriebsaufwendungen zu sehen. In unserem zweiten und auch letzten Teil werden wir die pragmatische Umsetzungsmöglichkeit erläutern und auch eine entsprechende und adäquate Lösung anbieten.
Seit Inkraftsetzung des MPG Gesetzes sind sich zumindest alle Verantwortlichen darüber einig, daß alle Laboratorien und Praxislaboratorien nachvollziehbare und geregelte Durchführungs-, bzw. Dokumentationsstrukturen aufweisen sollten. Zum einen tragen diese Maßnahmen dazu bei, daß eine mögliche Gefährdung an "Dritte" weitgehend ausgeschlossen werden kann und zum anderen wird die Beweisfähigkeit der "tatsächlichen Durchführung" für das Dental Labor erhöht bzw. Glaubhaft gemacht. Dieses Unterfangen wird durch ein internes Sicherheits- und Organisationssystem sichergestellt, um die grundlegenden Anforderungen des MPG´s zu erfüllen.
Unsere Rechtsprechung ist für viele undurchsichtig und dementsprechend auch nur schwer nachvollziehbar. Grund genug für uns, zumindest die Vorgehensweise einfach jedoch sachbezogen zu formulieren.
Aufbausystematik
Kein Bauherr kann ohne die Mithilfe eines Architekten ein solides
Bauwerk entwickeln und anschließend auf fundamentaler Basis errichten. Ähnlich
verhält es sich mit der Umsetzung des MPG Gesetzes. Hierbei muß in erster
Linie die Zielsetzung präzise definiert werden und alle Rahmenpunkte abgesteckt
werden, die es zu erfüllen gilt.
Die nun folgende Abhandlung wird sich auf transparenter Weise mit den erforderlichen Maßnahmen des MPG´s auseinandersetzen und anschließend einen probaten Lösungsweg vorstellen, um die Umsetzung erheblich erleichtern zu können.
Zweck des Gesetzes
In einfacher Art und Weise läßt sich das MPG Gesetz in wenigen Sätzen
zusammenfassen. Die Verantwortlichen aller EU Mitgliedstaaten verabschiedeten
Anfang 1995 ein Gesetz, um alle Menschen innerhalb dieses Wirtschaftsraumes
zumindest in einem Teilbereiches der medizinischen Versorgung vor
unsachgemäßer Behandlung bzw. vor Unverträglichkeiten von
"künstlichem" Ersatz zu schützen. Nach erfolgter Definition des
Begriffs "Ersatz" wurde in diesem Zusammenhang auch der Zahnersatz in
dieses neue Gesetzt implementiert. Dieses Gesetz wurde im europäischem Raum
unter dem Begriff MDD = Medical Devices Directive
(Medizinischer Richtplan/Anleitung) per Gesetz manifestiert. Jedes Mitgliedstaat
erhielt die Möglichkeit nach einem eigenen Regelungsplan dieses Gesetz nach
eigener Rechtsprechung zu kompensieren, ohne jedoch dem EU Recht zu
widersprechen. Die Interpretation dieses Gesetzes findet in unserem Land durch
das MPG = Medizin Produkte Gesetz seine Anwendung.
Das Gesetz regelt die notwendigen Verfahren wie auch die erforderlichen Schritte für die Verantwortlichen. Das Gesetz legt jedoch logischer Weise keine Umsetzungsstruktur bzw. Anleitung für die Verantwortlichen fest. Letzteres gab vielen Spekulanten oder auch geschickten Verkäufern genügend Spielraum um für eine vollendete Verwirrung bei den "Betroffenen" zu sorgen. Doch spätestens durch erste Überprüfungen seitens der Gesundheitsbehörde sind die erforderlichen Maßnahmen erkennbarer geworden. Vergleicht man den Inhalt des MPG Gesetzes mit den Prüfkriterien der Gesundheitsbehörde wird es für jeden unmißverständlich deutlich, daß nur eine organisierte Umsetzung alle erforderlichen Maßnahmen langfristig und sicher lösen kann.
In Anlehnung an das MPG Gesetz und den Prüfkriterien der Gesundheitsbehörden lassen sich folgende Schwerpunkte herauskristallisieren und spiegeln somit die Grundanforderungen für jedes Labor wieder, die es im Sinne des Gesetzes erfüllen muß.
Im ersten Moment scheint dieser 9 Punkte Maßnahmenkatalog recht überschaubar zu sein. Bei näherer Betrachtung jedoch, stellen sich wieder die selben Fragen: "Wer soll es machen, wie soll es gehen und welcher Aufwand ist nötig?"
Sofern ein Verantwortlicher im Dental Labor beabsichtigt, das Thema von Grund auf neu zu definieren und umsetzen zu wollen, muß sich dieser darüber im klaren sein, das diese Vorgehensweise den Aufwand beträchtlich und auch unnötig erhöhen wird.
Im Zeitalter moderner Kommunikationsmöglichkeiten und einem zur Verfügung stehendem EDV - technischen Werkzeug lassen sich mittlerweile diese Anforderungen relativ leicht bewerkstelligen.
MPG Umsetzung durch EDV Unterstützung
Aufgrund der Komplexität des MPG´s und die damit verbundene
Archivierung sämtlicher zu erbringenden nachprüfbaren Vorgänge ist eine
organisierte EDV Lösung; mehr wie ein probates Werkzeug zu betrachten.
Eine MPG Systematik und Organisation kann durch ein EDV Programm weitgehend automatisiert werden. In der Praxis muß jedoch eingehend darauf hingewiesen werden, das ein MPG EDV Programm weder Betriebsabläufe steuern noch überwachen kann. Es sollte jedoch in umfassender Weise alle relevanten Anforderungen erfüllen und diese möglichst vordefiniert haben, um eine sichere und effiziente Umsetzung zu ermöglichen.
Durch den Einsatz eines geeigneten MPG EDV Programmes kann ein Labor die gesetzlichen Anforderungen innerhalb von ca. 14 Tagen umsetzen. Eine Aktualisierung eines MPG Systems ist nur dann erforderlich, sofern erkennbare oder gravierende Veränderungen im Betrieb stattfinden (z.B. Änderungen von Arbeitsabläufen oder Materialwechsel).
Ein entsprechendes bzw. vordefiniertes EDV System stellt dem Labor im wesentlichen alle benötigten Informationen, Daten und Checklisten zur Verfügung. Dieser Informationspool muß im eigentlichen nur noch auf die betriebsinternen Spezifikationen angepaßt werden.
Das MPG Gesetz verlangt im Grundsatz von allen Laboratorien eine Nachweisbarkeit der Fertigungsabläufe und die Sicherstellung, daß alle bewährten Prüfmittel bzw. Sicherheitsverfahren eingesetzt wurden, um einen "Dritten" (Patienten) nicht zu gefährden.
Als Konsequenz muß das Labor eine Methode entwickeln bzw. aufweisen, daß es alle Anstrengungen unternimmt, anschließend überprüft und gegebenenfalls korrigiert, um Gefährdungen weitgehend auszuschließen.
Sofern sich jedoch Störungen bzw. Gefährdungen beim Patienten nach erfolgter Versorgung anbahnen, muß ein organisiertes Sicherheitsverfahren dafür Sorge tragen, daß die daraus erkennbaren Störfaktoren sofort lokalisiert und entsprechend abgestellt werden können.
Präventiv möchten wir erwähnen, das die Interpretation des Gesetzes keine Glaubensfrage ist bzw. eine Überprüfung der Fragestellung abverlangt; wer denn nun mit seiner Formulierung recht hätte ? Die Antwort ist einfach und doch richtig.
Das Gesetz hat recht !
Vorgehensweise
s Meldeverfahren/ Selbstanzeige
Überprüfen Sie ob der Betrieb bei der DIMDI angemeldet wurde und ob in
diesem Zusammenhang der Sicherheitsbeauftragte und der Medizinprodukteberater
benannt wurde. Im Zweifelsfall wenden Sie sich an Ihre zuständige Innung.
s Überprüfung der Machbarkeit einer
Verordnung
Der Auftragszettel sollte alle Kriterien erfüllen, um eine Eindeutigkeit
der Verordnung des behandelnden Arztes erkennen zu können. Fehlende, aber
wichtige Informationen sollten auf dem Originalzettel notiert und anschließend
für 5 Jahre aufbewahrt werden.
s Materialien/ Rückverfolgbarkeit der
Materialien
Dokumentieren Sie alle Materialien, die im "Munde des Patienten"
verbleiben. Hierzu archivieren Sie alle Bestellungen, Lieferscheine,
Verarbeitungsanweisungen etc.. Verwenden Sie diesbezüglich nur Produkte die das
CE Zeichen besitzen und lagern diese nach den Anforderungen der Hersteller.
s Festlegung der
Arbeitsschritte/Unterweisungen
Legen Sie schriftlich fest in ähnlicher Form einer Betriebsvereinbarung;
was, wie und womit eine zahntechnische Leistung produziert wird.
s Prüfungen & Prüfverfahren
Halten sie schriftlich fest, welche Prüfungen bzw. Prüfmittel eingesetzt
werden, um die festgelegten Arbeitsabläufe auf deren Einhaltung zu sichern.
s Geräte (Maschinen) und Werkzeuge
Dokumentieren Sie alle Geräte/Maschinen und halten sie schriftlich fest,
wie Wartungsintervalle überprüft und von wem diese nach den Richtlinien der
Hersteller geprüft werden.
s Schulungsmaßnahmen
Entwickeln Sie Schulungspläne für ihre Mitarbeiter und dokumentieren Sie
erfolgte Unterweisungen für Materialien, Geräte/Maschinen etc.
s Kundenbeschwerdesystem
Dokumentieren Sie sogenannte Beinahe Vorkommnisse und leiten Sie schwere
Vorkommnisse sofort an die entsprechende Behörde weiter.
s Konformitätserklärung
Die Konformitätserklärung ist das Endglied einer Kette, wobei der
Hersteller (Labor) zusichert, alle erforderlichen MPG Maßnahmen erfüllt zu
haben. Im übertragenen Sinn ist eine Konformitätserklärung mit einer
eidesstattlichen Versicherung gleichzusetzen. Sofern diese nicht unterschrieben
werden muß (in der Regel nicht der Fall), sollte sich das Labor im Zweifelsfall
von der zuständigen Innung schriftlich bestätigen bzw. zusichern lassen
Zusammenfassung
Die Rechtsprechung verlangt vom herstellenden Labor geregelte und beweisbare
Maßnahmen, die sicherstellen, daß jede Maßnahme in Betracht gezogen und
angewandt wurde, um den Patienten zu schützen.
Das Labor ist allein verantwortlich, für die innerbetriebliche Organisation und die ordnungsgemäße Umsetzung des MPG Gesetzes.
Die Nichteinhaltung dieses Gesetzes wird mit Abmahnungen, hohen Bußgeldstrafen oder mit der Schließung des Betriebes geahndet. Der Hauptgrund der Ablehnung des Gesetzes für die Verantwortlichen kann hauptsächlich durch die weit überzogenen Interpretation erklärt werden, die jedoch meistens durch große Unkenntnis verursacht wird.
Wie bereits erwähnt habe ich persönlich in über 100 Betrieben QM und MPG Systeme eingeführt, bzw. bei deren Umsetzung beratend zur Seite gestanden. In Bezug auf MPG Systeme kann ich folgendes notieren:
Nach erfolgter Umsetzung eines entsprechenden MPG Systems besteht ein täglich zeitlicher "Mehraufwand" von ca. 10 Minuten je produzierendem Techniker und ca. 15 Minuten "Mehraufwand" je Büroangestellten. Der Mehraufwand wird dadurch begründet, das entsprechende Prüfverfahren, intensiveres lesen und notwendige Korrekturen im MPG System einen Mehraufwand abverlangen. Setzt man jedoch aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine mögliche Minimierung der Fehlerquellen entgegen, sollte man ernsthaft seine eigene Einstellung zu diesem Thema überprüfen und evtl. auch korrigieren.
Tony Domin